St. Martin am 11. November

Wenn ich so an meine Kindheit zurückdenke, ist mir neben den kirchlichen Hochfesten Weihnachten, Ostern und Pfingsten vor allem der Martinstag in Erinnerung geblieben. Wochen zuvor haben wir in Kindergarten oder Schule bereits angefangen, die Laternen für diesen Tag zu basteln und Lieder eingeübt. Den heiligen Martin kannte jedes Kind.

Am Abend des Martinstages gab es dann den Umzug mit den schönen bunten Laternen und den eingänglichen Martinsliedern. Der Höhepunkt war immer, als ein Reiter hoch zu Ross als Martin verkleidet angeritten kam und mit seinem Schwert seinen Mantel teilte und dem Bettler am Strassenrand den halben Mantel gab. Danach gab es warmen Tee und Kuchen.

Aber wer war denn dieser Heilige Martin?

Geboren wurde er 316 oder 317 in Savaria, welches damals zum römischen Reich gehörte und im heutigen Ungarn liegt. Sein Vater war ein römischer Offizier und auch Martin kam mit erst 15 Jahren zum Militär.

Mit 17 war er im Norden des heutigen Frankreichs stationiert. An einem eiskalten Tag im Winter ritt er gerade zum Stadttor von Reims hinaus, als er einen armen Mann traf, der fast keine Kleider anhatte. Der Bettler sprach ihn an und bat um Hilfe. Martin hatte ausser seiner Uniform und seinem Schwert nichts dabei, da teilte er kurzerhand seinen Mantel in zwei Hälften und gab eine davon dem Bettler. In der folgenden Nacht hatte Martin einen Traum: Er sah Jesus, bekleidet mit dem halben Mantel, den er dem Bettler gegeben hatte.

Von da an war das Leben des Martin von Tours ganz vom christlichen Glauben geprägt. Er ließ sich taufen und trat, so bald ihm das möglich war, aus dem Militär aus und wurde Priester.

Als einige Jahre später ein neuer Bischof von Tours gesucht wurde, waren sich die Menschen schnell einig, dass es Martin werden sollte. Martin empfand sich aber nicht fähig genug, dieses Amt auszuüben und versteckte sich, der Legende nach, in einem Gänsestall. Dort wollte er ausharren, bis seine Zeitgenossen einen anderen Bischof gewählt hatten.

Es waren die Gänse, die den heiligen Martin verrieten - das sagt zumindest die Legende: Das Geschnatter der Tiere war wohl unüberhörbar. Daher müssen die Martinsgänse immer noch symbolisch für ihre Vorfahren büssen.

Anders als die Gänse-Legende, sagt die Bischofs-Episode von Martins Biografen Sulpicius Severus etwas anderes aus: Martin wartet auch im Versteck, aber die Bürger wende eine List an. Sie schicken jemanden zu Martin, der weiss, wo er ist und lassen ihm erzählen Martin soll zu einer sterbenskranken Frau kommen, die noch einmal mit ihm sprechen möchte. Daraufhin verlässt Martin sein Versteck – und wird zum Bischof gewählt.

Er war ein Mensch, der nicht lange überlegt, sondern handelt und hilft.

Martin starb mit 81 Jahren am 8. November 397. Es heisst, dass seine Beerdigung am 11. November gewesen ist, an dem auch sein Gedenktag ist. Bei vielen Heiligen ist der Todestag der Gedenktag, da ist Martin eine Ausnahme. Es heisst, dass der 11. November früher für die Bauern wie ein «Erntedankfest» war, an dem die Arbeit vollbracht war und bald die damalige Fastenzeit vor Weihnachten begann. So wurde am 11. November nochmals gut gegessen – auch die Martinsgans -und gefeiert. Auch das ist eine der vielen Legenden, die die Runde machen.

Keine Legende ist, dass sich die Verehrung des Martin von Tours sehr schnell über Frankreich hinaus verbreite. Martin war einer der ersten Heiligen, der nicht den Märtyrertod gestorben war, und trotzdem Heilig gesprochen wurde. Seine gelebte Nächstenliebe überzeugte.

Bis heute gilt der heilige Martin als Fürsprecher der Schneider, Bettler, Geächteten und Kriegsdienstverweigerer. Die Martinsbasilika in Tours ist eine bedeutende Wallfahrtsstätte.

Und für die Kinder im Martinsumzug singen jedes Jahr: " Sankt Martin war ein guter Mann" und "[…] Sankt Martin, Sankt Martin, Sankt Martin gab den halben still, der Bettler rasch ihm danken will. Sankt Martin aber ritt in Eil hinweg mit seinem Mantelteil."

Wer mehr wissen möchte, kann gerne zum Familiengottesdienst am 13. November nach Sirnach kommen.

Petra Mildenberger, Pfarreiseelsorgerin