Die Bitttage vor Christi Himmelfahrt

Die drei Tage vor Christi Himmelfahrt feiern wir als Bitttage. Sie haben eine sehr lange Tradition. Ihren Ursprung haben diese Tage in vorchristlichen Flurumgängen. In Gallien haben einzelne Bischöfe im 5. Jahrhundert diese Feiern christlich umgedeutet und zu Flurprozessionen mit der Bitte um gutes Wetter und Bewahrung vor Hagel erhoben. Um 800 wurden diese drei Bitttage durch Papst Leo III. im gesamten Bereich der römischen Liturgie eingeführt. Bis zur Aufklärung wurden Unwetter und Missernten als eine Strafe Gottes für die eigenen Sünden verstanden. Die Bittprozessionen sollten also Gott versöhnlich stimmen. Damit hafteten diesen Feiern etwas von Magie und Aberglauben an. 

Auch in unserer Pfarrei gab es früher die Tradition der Bittprozessionen. Ältere Pfarreiangehörige erinnern sich bestimmt an die Bittgänge nach Dreibrunnen, Oberwangen und St. Margarethen. Die Zeiten ändern sich, und so sind die Bittprozessionen aufgegeben worden. Auf der anderen Seite sind die Bitttage wohl aktueller als wir es vermuten. Die Klimaerwärmung macht uns wissenschaftlich fundiert bewusst, welche Verantwortung wir Menschen für das weltweite Klima und dessen konkrete Auswirkungen auf die Umwelt haben. Das Beten um eine klare Einsicht in die Zusammenhänge und die Entschlossenheit zu entsprechendem Handeln können uns zur Teilnahme an diesen Feiern bewegen.

Im Moment treibt uns die Corona-Pandemie mehr um als das globale Klima. Aus diesem Grund gestalten wir die Bittgottesdienste dieses Jahr etwas anders als sonst. Wir feiern sie in unseren grossen Kirchen in Münchwilen, Sirnach und Eschlikon. Die Pandemie mit ihren Einschränkungen im Alltag beeinflusst das Glaubensleben als Einzelner wie auch als Gemeinschaft. Veranstaltungen und Treffen unserer Pfarreigruppen sind eingeschränkt. Oder an einem Gottesdienst dürfen bekanntlich maximal 50 Personen teilnehmen, ohne Gemeindegesang. Weiter beeinflusst das Arbeiten zu Hause, teilweise Unterricht übers Internet den Umgang in Familie und im Freundeskreis. Was hat unser Glaube an Anregungen fürs Leben bereit? Wir greifen drei Themen auf. 

Am Montag, 10. Mai  lautet das Thema «Positiv streiten». Die veränderte Situation in der Familie wegen Home Office und fehlenden Freizeitangeboten führt fast zwangsläufig zu mehr Auseinandersetzungen. Wie hilft uns der Glaube, Konflikte konstruktiv auszutragen? 

 Das Thema vom Dienstag, 11. Mai  lautet: "Gemeinschaft trotz Veranstaltungsverbot". Eine Gemeinschaft wie unsere Pfarrei oder der Pastoralraum lebt von Begegnungen. Wie bleiben wir miteinander im Kontakt trotz fehlender Treffen? Was hilft uns, Beziehungen zu pflegen?

Am Mittwoch, 12. Mai  wenden wir uns dem Feiern des Gottesdienstes zu: «Den Glauben feiern mit 50 Personen – wie den Glauben lebendig erhalten?» Natürlich hängt der Glaube nicht vom Besuch des Gottesdienstes ab. Und doch braucht unser Glaube Nahrung wie eine Pflanze. Was brauchen wir wirklich für unser Christsein? Die Gottesdienste wollen zum Nachdenken anregen. Wir sind miteinander auf dem Weg. Zum gemeinsamen Unterwegssein laden wir alle Interessierten ein.

Pfr. Raimund Obrist